1767 – 1835
1
Sind denn die
Schwäne alle fortgezogen,
Die sonst hier
heimisch ihre Sitze hatten?
2
Du siehst sie
ziehn, des Stromes blaue Wogen
Mit den
geschwellten Fittigen beschatten.
1
Die falschen meine
Hoffnungen betrogen,
Irrlichtern gleich
auf nebelfeuchten Matten.
2
Die Sterne nr stehn
fest am Himmelsbogen,
Sonst sich mit
Allem Flucht und Wandel gatten.
1
So wie der Schwäne
silberweiße Schwingen,
Sah ich die
Freuden meiner Jugend glänzen,
Und eilte rasch,
damit mein Haupt zu kränzen,
Da nichts kann die
entflohnen wiederbringen.
Erinnrungsvoll nun
schau’ ich auf die Sterne,
Die Zuversicht
entsenden dunkler Ferne.
1767 – 1835
Zu euch, ihr
althellenischen Gestalten,
Treibt innre
Sehnsucht mich zurückzukehren,
Ich kann des
Busens heißem Drang nicht wehren,
wenn andre Bahnen
auch noch fern mich halten.
Die Formen, die
sich reich in euch entfalten,
Den Geist mit
tiefer Schönheit sinnig nähren,
Und zum Olymp den
freien Pfad gewähren
In mächtig
angeknüpftem Wechselwalten.
Was irr’ ich noch
um ferne Meergestade,
Wo keine Nais
spielt im Wellenbade,
Und die umschwärmt
barbarischer Nomade?
Wie mag ich selbst
an Indus Ufern weilen,
Und nicht die
Klänge zu vernehmen eilen,
Die alte
Schicksalswunden lindernd heilen?
1767 – 1835
Wenn Blick der
Gottheit mild den Menschen grüßet,
Sie in die Brust
ihm sichres Vertrauen,
Auf das er kann
bei schwerem Werke bauen,
Wie Tropfen
heiterer Begeistrung, gießet;
Wenn dieser
Sonnenblick nicht freundlich schießet
In kalten
Erdenlebens dämmernd Grauen,
Kann Glanz nicht
die Gedanken frisch umthauen,
Und nüchtern hin
ihr träges Strömen fließet.
Doch diese Gabe
reiner Göttermilde
Herab kein Flehen
und kein Sehnen bringet,
Wenn nicht der geist
sich ihr entgegen schwinget.
So, wandernd durch
die dunklen Erdgefilde,
Bedarf der Mensch
des Muths schon, der ihm fehlet,
Eh’ seine Kräfte
Hauch der Gottheit stählet.
1767 – 1835
Inschrift in uns
nicht mehr bekannten Zügen
Doch den Gedanken
sicher weiter träget,
Wie man die
Zeichen kann zum Sinne fügen,
Er klar und hell
sich auseinander leget.
Das Wort, des
Klänge dann entfesselt fliegen,
Vernehmlich an das
Ohr des Hörers schläget,
Froh, wieder sich
an Menschenbrust zu schmiegen,
Die es in ihrem
stillen Ernste wäget.
So ruhend oft in
Schlummers dunklem Bette,
Die Wahrheit doch
durch alle Zeiten gehet
In engverbundener
Gedankenkette,
Wenn oft auch erst
sie spät Geschlecht verstehet.
Denn wie der Zeiten
Graus es mag bedecken,
Kann, was der
Mensch gedacht, Mensch wieder wecken.
1767 – 1835
Kann jemals sich
von dem Gefährten trennen
Die Seele, und
getrennt für sich bestehen,
Die, nur belebt
von seines Odems Wehen,
Ist seiner Fibern
Götterklang zu nennen?
Hier scheitert
unser lichtvolles Erkennen,
Den Glauben
hemmet, was wir deutlich sehen,
Und wenn wir
hoffend durch das Leben gehen,
Lockt uns des
Busens heißes Sehnsuchtsbrennen.
Die ahnende
Gewalt, die in uns lebet,
Mit Wahrheitskraft
empor zum Aether strebet,
Und reißt uns
fort, ihr sicher zu vertrauen;
Die Liebe kann,
verheißend, nimmer trügen,
Ihr stilles Neigen
muß den Stoff besiegen,
Wir müssen wieder,
was wir selbst sind, schauen.
1767 – 1835
Das Dasein kann an
neues sein sich binden,
Wie Bach zum Strom
und Strom zum Meere schwillet;
Doch wird das
tiefe Sehnen nur gestillet,
Wenn man kann
wieder das Gewohnte finden.
Des Wesens Würd’
und Anmuth sich verkünden
In der Gestaltung,
die sie hold umhüllet,
Und wo im Busen
heiße Liebe quillet,
Kann nur der
gleiche Funke sie entzünden.
Wenn aus den schön
gezognen, milden Schranken,
Die es
umschreiben, muß ein wesen schwanken,
Und sich in
Allgemeinerem verlieren,
Kann nicht sein stilles
Sein die Brust mehr rühren;
Es fehlt der
Hauch, deß innres, heilges Wehen
Macht, daß sich
Seel’ und seele leis verstehen.
1767 – 1835
Ich habe gern die
mondumkreiste Erde,
Die stille Freuden
zahlreich mir gewähret,
Die Menschen und
die Thiergeschlechter nähret,
Und sichren
Wohnsitz giebt am Heimathsheerde.
Ich trage willig
ihrer Müh’ Beschwerde,
Und beut sie
Schmerz, mich nicht gleich Gram verzehret;
Die Himmelsglut,
die in der Brust mir gähret,
Bürgt, daß sie mir
nicht ewger Kerker werde.
Doch wandl’ ich
gern in ihrer Dämmerhelle,
Und freue mich der
leichten Lebenswelle,
So oft sie an die
Brust mir, kehrend, schläget,
Zum neuen
Sonnenlauf mich weiter träget,
Bis sie mich sanft
birgt an des Grabes Schwelle,
Und mich in ihren
Schooß die Erde heget.
1767 – 1835
Der schöne See, an
den sich Constanz lehnet,
Den Weingelände
reizend rings umgeben,
Und wo sich Inseln
anmuthvoll erheben,
Um die sein Fluthenreich
er rollend dehnet,
Der in der Zeit,
nach der vergeblich sehnet
Sich meines Busens
tiefstes innres Leben,
Sah mich mit ihr
auf leichtem Kahne schweben
Bei Sturm, den man
auf ihm gefahrvoll wähnet.
Doch wenn, die
Lieb’ und Eintracht süß vereinen,
Der Wellen
Schaukelnachen froh besteigen,
Auch unter Wolken
milde Sterne scheinen.
Denn Einklang
durch die ganze Schöpfung gehet,
Und mit des Busens
stillem Liebesneigen
In Bund das Reich
der Elemente stehet.
1767 – 1835
Die edle Freiheit
des Gemüthes sprießet,
Wie Blüte, aus der
Knospe der Gefühle,
Sie kennet nicht
der Leidenschaften Schwüle,
Besonnen sie und
milde sich erschließet.
Dann aber muthig
sie den Himmel grüßet,
wie, breitend unten
süßen Schattens Kühle,
Des Baumes Gipfel,
daß ihn Luft umspiele,
Hoch in das Reich
der Lüfte freudig schießet.
So lange sie und
ihre Sinnverwandte
Hienieden,
göttliche Gestalten, gingen,
Sah man dies
Götterkind auf Erden blühen.
Jetzt das Gemüth
hernieder, fesselnd, ziehen
Die Wirklichkeit
und ihres werks Vollbringen,
Und jene Freiheit
trauert, als Verbannte.
1767 – 1835
Er schmerzt nicht!
Arria gelassen sagte,
Und reichte hin
den Dolch dem edlen Gatten;
Sie lud ihn mit
sich in das Reich der Schatten,
Und er zu folgen
ihr nicht zögerrnd zagte.
Die fest
Entschlossne nicht erst ängstlich fragte,
Ob Glück die
Götter ihr bereitet hatten,
Wohin sie, ohne
weibisch Kraftermatten,
Mit kühnen Fuß
beherzt zu gehen wagte.
Sie wollte nicht
mit Schmach die Erde schauen,
Die ihren Pätus
nicht mehr tragen sollte;
Das Leben sie mit
muthger Treu’ ihm zollte,
Und nicht
geschreckt durch des Schicksals Schläge,
Ward Führerin ihm
auf dem finstren Wege,
Und keine Thräne
ließ ihr Aug’ umthauen.
1767 – 1835
Die Vögel trillern
ihre muntren Lieder,
Daß weithin Feld
und Wald davon erklinget;
Wie in die Lüfte
hoch ihr Flug sich schwinget,
Tönt noch
melodischer ihr Zwitschern nieder.
Denn eng verknüpft
sind Stimme und Gefieder;
Kein Thier, das
frei nicht durch die Lüfte dringet,
Des Liebes weihe
dar dem Himmel bringet,
Einförmger Ruf nur
schallet von ihm wieder.
Doch auch der
Vögel glückliche Geschlechte
Genießen des
Gesanges heilge Rechte
Nur, wenn der
Liebe Trieb sie süß begeistert.
Wenn diese
Augenblicke sind verschwunden,
Die von der
Thierheit Fesseln sie entbunden,
Dann dumpfe
Stummheit ihrer sich bemeistert.
1767 – 1835
Der Blätter Fülle
jährlich sich erneuet,
Und stirbt am
Baume jährlich welkend wieder;
Er sie als
Schmuck, so scheint es, schüttelt nieder,
Und fort sich
seines eignen Lebens freuet.
Allein vielleicht
ihm nicht bloß an sich reihet
Ihr krauses Laub,
als wären sie ihm Glieder,
Gleich zartem Haar
und flaumigem Gefieder,
Vielleicht daß er
nur ihnen Wohnsitz leihet.
Dann sind sie
selbst das wahre, rege Leben,
Das froh mit jedem
neuen Lenz erblühet,
Und durch den
Stamm ein tausendfaches Streben
Aus der entfernten
Wurzel Nahrung ziehet.
Doch nur in ihnen
sich der Hauch erschließet,
Der mild die Luft,
als Pflanzenseele, grüßet.
1767 – 1835
Vom Reigen aller
flüchtgen Tagesstunden
Am meisten ich den
ernsten Abend liebe;
Dann ist das
Sonnenkind dahin geschwunden,
Und keiner
wünschet, daß es ewig bliebe.
Sei es mit
Rosenkränzen hold umwunden,
Sei früh schon
seinesw Lebens Morgen trübe,
Folgt gern das
Herz, durch Stillstand nicht gebunden,
Dem fortzustreben
angebornen Triebe.
Denn wenn die Zeit
von selbst dahin nicht flöhe,
Sie unsre
Sehnsucht fort mit sich doch risse,
Sie treibet uns
ins ferne Ungewisse,
Die dichten Nebel,
die die Zukunft decken,
Nicht dürfen
unsere scheuen Busen schrecken,
Wir müssen hin auf
mehr besonnte Höhe.
1767 – 1835
Was spricht sich
aus in jenen farbgen Zügen?
In stillem Blau
der heitre Himmel schwimmet,
Und sanftgebogen
sich die Welle krümmet;
Dann unentrollt
noch die Gefühle liegen.
Roth brennendheiß
der Flamme Funken fliegen,
Roth Kohlengluth,
bedeckt von Asche, glimmet;
Zu tiefem Schmerz
dann mehr, als Lust gestimmet,
Das Herz an sein
Geschick bewegt sich schmieget.
Aus Roth auch
Blau, wie Blüthe, sich entfaltet,
Dann nach Bewegung
einsam Stille waltet,
Und keine Flamme
mehr der Busen schüret.
Allein dem Blau
auch wieder Roth entsprühet,
Was dann im tiefen
Herzen hat geglühet,
Sich unbefriedigt
bang in Gram verlieret.
1767 – 1835
Die Dichtung um
des Dichters Schläfe flieget,
Doch läßt sich
locken auch durch leise Töne,
Wenn man, von
zaubrischer Gestalten Schöne
Umschwebet, sich
in süßen Träumen wieget.
Allmälig Bild an
Bild sich sanft dann schmieget,
Der Mund, daß er das
Ohr an Reim gewöhne,
Sucht sorgsam, daß
er Laut mit Laut versöhne,
Und endlich Zeile
sich zu Zeile füget.
Denn doppelt
Dichtung mächtge Wurzel schläget
In Menschenbrust
und der Natur Gestalten,
In uns sie bald
aus diesen sich ergießet,
Und bald empor aus
unserm Busen schießet;
Wenn nur der
Mensch die Phantasie läßt walten,
Sie willig ihn in
Erdenferne träget.
1767 – 1835
Vor Helios
Gespanne rüstig schreitet
Eos, und in der
Hand die fackel träget,
Mit Rosenglanz den
Himmel überbreitet,
Und wie sie kommt,
die frohe Welt sich reget.
Denn um zu spähn,
was ihm der Tag bereitet,
Dem Tagsgestirn
sich jeder zu beweget,
Und wie des
Morgenrothes Schein er deutet,
Sich um die Brust
ihm Furcht und Hofnung leget.
Doch wenn auch
Ruhm und Macht ihm fröhlich sprießet,
Wird doch er bald
des Tagesglanzes müde,
Und nach dem
stillen Dämmerlicht sich sehnet.
So sich der Lauf
der Tageszeiten dehnet,
bis ihn geweihter,
mitternächtger Friede
Im Angesicht der
Sterne sanft beschließet.
1767 – 1835
Wenn sanft das
Haupt sich in das Kissen schmieget,
Von allen
Tagsgedanken abgeschieden,
Nur suchend
stiller Ruhe tiefen Frieden,
Herbei der Reigen
lustger Träume flieget,
Und Traumbild doch
die Wirklichkeit besieget.
Nichts ist so fein
und zart gewebt hienieden,
Es führt in
Feenland den Lebensmüden,
Und ihn auf
goldnen Wolken wonnig wieget,
Und ist es beim
Erwachen auch zerronnen,
Sind seine Fäden
dennoch fest gesponnen,
Nur biegsam in des
Schlummers Bildnerhänden.
Denn in des Busens
tief geheimsten Gründen
Die Träume ihres
Wesens Wurzel finden,
Und von da auf uns
seine Schatten senden.
1767 – 1835
So wie die sonne
kehrt in festen Gleisen,
Selene regelmäßig
neu erscheinet,
Der Morgen froh
entstrahlt, die Nacht sich bräunet,
So mir begegnen
des Gesanges Weisen.
Wie Götterhauptes
Haare niemals greisen,
Und Niobe in ewgem
Schmerze weinet,
Mir sich, mit dem
Gefühl der Brust vereinet,
Des Liedes Quellen
unversiegt erweisen.
An Alles leicht
sich flüchtge Reime hängen,
Und in des Lebens
labyrinthschen Gängen
Gebricht nicht
Stoff, den sprossenen Gedanken
Zu führen in der
Dichtung luftge Räume,
Wenn man das
ungemessne Feld der Träume
Vorzieht der
Wirklichkeit beengten Schranken.
1767 – 1835
Dem ziemt der
Preis, daß wahrhaft er gelebet,
Der, hätt’ er
wenig auch in That erstrebet,
Als Lücke in der
Menschheit wird empfunden,
Wenn er den Lebensfaden
abgewunden.
Denn an der
Menschheit reichem Teppich webet
nur, wer aus
innrer Kraft sich frei erhebet,
Und wer in ihren
Blüthenkranz gebunden,
was nur er konnt’
in eigner Brust erkunden.
Der lebt dann fort
im menschlichen Gemüthe;
Wie jeden Lenz der
Erde sich entwindet
Auf seinem Grabe
neu verjüngte Blüthe;
So, wenn in Dunkel
auch sein Name schwindet,
Das Feuer, das ihn
hewilig einst durchglühte,
In später Zeit
noch lichte Funken zündet.
1767 – 1835
So sind die flücht’gen
Jahre denn vergangen,
Wo meine Seele
Kummer nie getrübet,
Wo, liebend,
wieder inniglich geliebet,
Ich reines Glück
aus güt’ger Hand empfangen.
Jetzt glüht nicht
Freude mehr auf meinen Wangen,
Das
Menschenschicksal hat sein Recht geübet,
Es nimmt zurück
die Gaben, die es giebet,
Und löst die Arme,
die sich treu umschlangen.
Des Schiffes Segel
ist schon aufgezogen,
Das mich zur Küste
gegenüber träget,
Vom Wind umspielt
sein Wimpel flatternd wehet.
Ob auch die Fahrt
durch nächtge Wellen gehet,
Wenn nur dieselbe
Hand mein Loos dort wäget,
Die hier mir
Seligkeiten zugewogen.
1767 – 1835
Ich wandre oftmals
durch die stillen Nächte,
Wenn längst schon
ruhn der Sterblichen Geschlechte;
Denn Sehnsucht brennend
mich nach ihr verzehret,
Die Ruhe nie
zugleich und mich entbehret.
Sie Wunsch nie
hegt, der mich nicht nah ihr brächte,
Und meine Nähe
ihre Ruh nie schwächte;
Da sie, was ihr
erreichbr ist, begehret,
Sich der Erfüllung
Schale nie ihr leeret.
Ich aber blicke zu
den nächtgen Sternen
Und meine leisen
Seufzer still sie fragen,
Wenn so ich Fuß
vor Fuß geduldig setze:
Kommt je mir Lohn
aus euren lichten Fernen?
Dann klar mir ihre
Strahlenblicke sagen:
An unserm Anblick
dich im Dulden letze!
1767 – 1835
Wenn man ein Wort
hält in der Brust gefangen,
Weil es Entweihung
scheint, es auszusprechen,
Und es aus fremdem
Mund hört plötzlich brechen,
Fühlt man
befriedigt innerlich Verlangen.
Die Töne wirklich nun
dem Ohre klangen,
Und ihre Weihe
kann der Laut nicht schwächen,
Sie haben sich an
keiner Schuld zu rächen,
Da Dasein sie vom
Zufall nur empfangen.
Wie günstig
Zeichen her vom Himmel blitzet,
Wie Adlersflug
erscheint zur rechten Seite,
Geziemts, daß man
solch Worterschallen deute.
Denn mit dem
Menschen in geheimem Bunde
Steht die Natur,
und in geweihter Stunde
Verkündet ihm, daß
sie den Armen schützet.
1767 – 1835
Warum willst
Sehnsucht du, nie endend, nähren?
Die Trauer kann
den Busen nie verlassen,
Man kann die
Schmerzen leiden, doch nie hassen,
Nicht wünschen,
ihren Becher je zu leeren.
Doch Sehnsucht ist
ein eiteles Verzehren,
Worin nur
Gegenwart kann, lebend, prassen;
Will sie mit Geisterarmen
Tod erfassen,
Verlangt, was
keine Gottheit kann gewähren.
Ich weiß es wohl,
mich Hoffnungen nicht trügen,
Der Tropfen, der
dahin floß, niemals kehret,
Doch der Gewalt
der Sehnsucht das nicht wehret;
Sie zieht in
schmerzensreichem Wonnestreben
Aus der
Unmöglichkeit ihr quillend Leben,
Und wächst, je
ferner ihre Güter liegen.
1767 – 1835
Oft wenn der
Körper krankt, der Geist sich hebet,
Er freier in das
Reich der Ahndung schauet,
Und sichrer seinen
Deutungen vertrauet,
wenn nicht zu
mächtig mit der Körper strebet.
Denn immer doch
die Sehnsucht ihn umschwebet,
Zu wirken, nur von
seinem Hauch umthauet,
Und nur was er aus
eignem Stoffe bauet,
Scheint ihm aus
innrer Wahrheit ächt gewebet.
Im voraus athmwend
in des Aethers Lüften,
Graut nicht ihm
vor den nachtumgebnen Klüften,
Die dieser Erde
Dasein schroff begränzen.
Er einsam kühn die
neuen Pfade gehet,
Und sich
begeistert zu den Sphären drehet,
Die neue Strahlen
ihm entgegenglänzen.
1767 – 1835
Der zu befrein
sein Volk vom Joche strebte,
Egmont, wenn er
für Klärchen liebend fühlte,
Und süß vertraut
mit ihren Locken spielte,
Drum minder nicht
dem ernsten Werke lebte.
Der Menschheit
Höchstes ihm die Brust umschwebte,
Und was mit todtem
Handeln er erzielte
Ihm nicht die tief
lebend’ge Sehnsucht kühlte,
Wenn nicht ihm
Liebeshauch entgegen bebte.
Freiheit und Liebe
sind die schönen Klänge,
Die alles Edlen
Inbegriff umschlingen,
Nichts Großes ist,
das ihnen nicht entspränge.
Sie hin nach außen
und nach innen ragen,
Daß, wenn der
Wolken Dunkel wir durchdringen,
Wir Götterlicht
uns sehn entgegen tagen.
1767 – 1835
Die Liebe nährt
sich wohl von Gegenliebe,
Doch wächst auch,
wenn ihr diese Nahrung fehlet;
Sie nicht
Erreichbares, nicht Glück sich wählet,
Stammt, selbst
sich unbewußt, aus dunklem Triebe.
Wenn ihr auch
nichts, als ihre Sehnsucht bliebe,
Sie nie die
reichvergoßnen Thränen zählet,
Mit süßer Lust ist
doch ihr Schmerz vermählet,
Wie Luna’s
Schimmer blickt durch Wolkentrübe.
Nur Wenigen des
Busens Stärke quillet,
Des Liebesglückes
Sonnenschein zu tragen,
Und diesen immer
Gegenliebe blühet,
Denn Himmelsglut
an Himmelsglut erglühet;
Die Meisten nur
gedeihn im Morgentagen,
Von trübendem
Gewölke bald umhüllet.
1767 – 1835
Wenn ich der
Ewiggütigen gedenke,
Die mich begleitet
süß hat durch das Leben,
ich in die
schönste Mirklichkeit mich senke,
Die Menschen je auf
Erden hat umgeben,
Und scheinbar nur
in Wirklichkeit ich lenke
Den Blick; es ist
ein himmelhoch Erheben.
An Himmelsthaue
ich entzückt mich tränke,
wenn ich des
Bildes Klarheit kann erstreben.
Mit ihm
durchschleiche ich des Alters Tage,
Und Seligkeit die
Seele reich mir füllet,
Mein Thun ist
längstverklungne Vorzeitsage,
Doch mein Genuß in
ew’gem Stromee quillet.
Denn wie mit
unsichtbaren Geisterhänden
Fühl’ ich mir ihn
sie ewig gütig senden.
1767 – 1835
Ich tauchte oft
mich wohl in Weltgeschäfte,
Erprobt an ihnen
ernsthaft meine Kräfte,
Versuchte wagend,
wie mein Loos mir fiele,
und führte manche
zum erwünschten Ziele.
Doch nie dem Wahn
ich Anderer nachäffte,
Als wenn des
Menschen Heil sich daran hefte;
In stiller Nacht,
in Abenddämmrungs-Kühle
Senkt ich mich
tief in höhere Gefühle.
Wie dem, der
schwebend in die Lüfte steiget
Auf leichtem Ball,
die Erde plötzlich sinket,
So Höhe ladend uns
von oben, winket,
Wo mehr sich
nichts von dieser erde zeiget,
Und dieser Höhe zu
den Flug zu lenken
Muß von der Welt
zur Brust den Sinn man senken.
1767 – 1835
Auch mir kann der
Verderbensstrahl erscheinen,
Der feurig sich
vom Riesendach erhebet;
Doch meine felsenfeste
Brust nicht bebet,
Und kindisch feige
nicht die Augen weinen;
Was liegt
verborgen in des Schicksals Schreinen,
Von unerforschtem
Dunkel ist umschwebet;
Doch Alles, was
auf Erden athmend lebe,
Muß sich ihm
beugen, es verschonet keinen.
Drum hebe, Flamme,
dich in nächtger Stille!
In langer Reihe
süß verlebter Jahre
Genossen habe ich
der Freuden Fülle;
Muß jetzt ich
schmecken des Geschickes Strenge,
Ich mit
Gelassenheit darin gewahre
Der Dinge Wechsel
in der Zeiten Länge.
1767 – 1835
Des Herrschers
Glanz, wie Sonnenstrahl, nie bleichet,
Er sich ergeht in
Marmor-Säulengängen,
Nie über seinem
Haupte Wolken hängen,
Der zartste Duft
vor seinem Hauche weichet.
Der Größe Gipfel
hat er voll erreichet.
Die Völker des
Palastes Thor umdrängen,
Die Riesentreppen
ihre Züge engen,
Und schimmerlos
kein Augenblick verstreichet.
Er weiß nicht, wie
sich Glück und Unglück gatten,
Er kennet keines
Dinges Erdenschatten.
Wie, denen überm
Haupt die Sonne stehet,
Nach keiner Seite
können Schatten schlagen,
Giebt es nicht
Nacht für ihn, noch dämmernd Tagen,
Von wandellosem
Licht umhüllt, er gehet.
1767 – 1835
Wir dich des
Perserlandes Weisen nennen,
Nicht weil wir
wissen, daß du hast gelebet,
Nur weil seit
grauer Zeit dein Name schwebet
Um Lehre, die wir
selbst nur dunkel kennen.
Du sahst die
Gottheit in des Feuers Brennen,
Das sich empor mit
spitz’ger Flamme hebet,
Den Stoff zu
läutern durch Verzehrung strebet,
Und Ird’sches weiß
von Himmlischen zu trennen.
Wenn es, umfassend
ihn mit tausend Zungen,
Am Körper alles
Irdische ertödtet;
Zum Himmel, den es
fernhinstrahlend röthet,
Hat längst die
Seele aufwärts sich geschwungen,
Und treue Urne
birgt in kleinem Raume
Den letzten Ueberrest
vom Lebenstraume.
1767 – 1835
Der Wunsch, den
täglich ich dir, Säule, sage,
Verläßt nicht
meiner Lippen treue Pforte;
Zu dem durch
dummen Schmerz geweihten Orte
In stiller Brust
ich ihn tiefschweigend trage.
Auch fern begleitet
er mich alle Tage,
Und dienet mir zum
wahren Schicksalshorte;
Denn einmal kommt
Erfüllung doch dem Worte
Drum ich geduldig,
wenn sie säumt, nicht klage.
Zwei Zeiten kann
es für den Menschen geben,
Die eine, wo am
süßen Licht er hänget,
Die andre, wo es
ihn zum Dunkel dränget.
Doch Alle beide
Zeiten nicht erleben;
Mir ward es, und
ich willig es gewahrte,
Weil ich geliebter
Brust so Schmerz ersparte.
1767 – 1835
Erwünscht erscheinet
mir am Grabesrande,
Wer magisch kommet
her vom Schattenlande;
Er nimmt hinweg
mich aus der Menschen Mitte,
Und leitet meine
ungewissen Schritte.
Ich wage gern die
Fahrt zum andern Strande,
Wo aufgelöst sind
alle Lebensbande;
Mich willig füg’
ich jeder Menschensitte,
Und menschlich ist
das Grab, so wie die Hütte.
Denn Hütt’ und
Grab bezeichnen wohl das Leben;
Sie sind dem
Menschen Wohnung hier und drüben.
Doch aus der Hütte
wird er oft getrieben
Durch äußre Macht
und innres heißes Streben;
Wenn aber traulich
ihn das Grab umfänget.
Der dunkle Schoß
nicht wieder ihn verdränget.
1767 – 1835
Dem Meer
entblühten deine holden Glieder,
Umthaut von seiner
Perlenfluten Reine,
Dann goß des Himmels
Pracht auf dich sich nieder:
So strahlest du in
magischem Vereine.
Entzückt
umrauschten dich der Musen Lieder,
Dich grüßte Hebe
mit dem Götterweine,
Zeus Adler
sänftigte sein Glanzgefieder,
Gerührt von deiner
Schönheit Wunderscheine.
Dem Menschen
wurdest du der Schönheit Quelle,
Du schenktest ihm
die seelenvolle Liebe;
Und wie der Strand
empfängt das Bild der Welle,
So bildete sich
aus dem süßen Triebe
Das, was den
Menschen mit dem Gotte gattet,
Des Himmels Glanz,
von Erdenreiz beschattet.
1767 – 1835
Ich strengen Ernst
tief im Gemüthe trage,
Und drum nicht
heiter stets durchs Leben gehe;
Doch weiß ich
deutlich immer, wo ich stehe,
Mich falsch nie
freue, und von Wahn nicht zahe.
Da ich genau weiß
immer, was ich wage,
Ich der Gefahr mit
Muth ins Auge sehe,
Mich nicht nach
jedem Wind des Schicksals drehe,
Und selbstgewählte
Bahnen dreist einschlage.
Früh hat das Leben
mich dem Ernst vermählet,
Von innen aus hab’
ich die Brust gestählet,
Erzogen mich in harter
Strenge Schule;
Die kindisch irre
schwankenden Verlangen
Das Schicksal und
der eigne Trieb bezwangen,
So niemals um
Genuß und Glück ich buhle.
1767 – 1835
Wie Kastor sich
und Polydeukes gleichen,
Wenn durch die Himmel,
Roß an Roß, sie sprengen,
Wo sich der
Sterngebilde goldne Zeichen
Am
Winterabendhimmel glänzend drängen;
So wenn die Sterne
vor der Sonne bleichen,
In heiteren und
sauren Lebensgängen
Nicht von einander
unsre Mütter weichen,
Begleitend
wechselweis sich mit Gesängen.
Denn diesen süßen
Zwillingsmelodieen
Sah leuchtend uns
derselbe Tag entglühen,
Wie Funken
nächtlich von den Sternen sprühen.
Ein Räthsel ist
dem Hörer vorgeleget,
Und nach der
Losung er vergebens fräget,
Da, der nicht ist
mehr, sie verborgen träget.
1767 – 1835
Von dem, was
Dichter voll Begeistrung sangen,
Was sie in freier
Rede Fluß geschrieben,
Ist Weniges nur
bis auf uns geblieben,
Unendliches ist
unter längst gegangen.
Kann keine Dauer Geisteswerk
erlangen,
Kann Geisteskraft
auch nie in Nichts zerstieben,
Das Werk ist
Blüthe nur, die sie getrieben;
Die welkt, ihr
bleibt ihr strebendes Verlangen.
Wohin die
körperlose einst entschwebet,
Ist zwar in ewgen
Dunkels Nacht gehüllet;
Doch daß sie
aufwärts nicht vergebens strebet,
Verbürgt die Glut,
die hier schon in ihr lebet.
An neuem Stoffe
sie die Sehnsucht stillet,
Und neuer Born ihr
hehren Fühlens quillet.
1767 – 1835
Wenn sich die
Pappeln zu einander neigen,
Sie Liebliches
sich wohl vertraulich sagen,
Vielleicht sie,
flüsternd, freudig sich bezeigen,
Daß schwesterlich
sie darf der Boden tragen,
Daß schöngeordnet
sie, wie Jungfraunreigen,
Empor in
freundlichem Vereine ragen,
Nicht, einsam
trauernd, in die Lüfte steigen,
Dem öden Wind
nicht ihre Sehnsucht klagen.
Wenn Bäume nah,
geliebt und liebend, stehen,
Des Schicksals
Loose günstger ihnen wehen,
Als uns, die rauhe
Stürme hart oft trennen.
Sie,
festgewurzelt, frei die Kronen regen,
Sich aneinander,
süß geschwätzig, legen
Und
Scheidungsschmerz allein im Tode kennen.
1767 – 1835
Erhaben tönet erst
des Donners Rollen,
Wenn fern vom
fürchterlichen Schlag man stehet,
In Wolkenbild der
Nebel übergehet
Erst, wenn man
nicht von ihm ist mehr umquollen.
Wenn sich Gestalt
und Ton entfalten sollen,
Muß man durch
leeren Raum sie fern erspähen;
Denn auch im Leben
scheint verwirrtes Drehen
Der Menschen
augenblicklich Thun und Wollen.
Nur in der
Weltgeschichte ruhger Klarheit
Erschauet man der
Vorzeit tiefe Wahrheit,
Wenn die
Erscheinung längstz entfloh den Sinnen;
Dann wann die
Stille der Betrachtung sieget,
Und Zug vor Zug
zum Bild zusammenfüget,
Kann sie Gestalt
erst vor dem Blick gewinnen.
1767 – 1835
Der Niagara über
Felsen schäumet,
Und pfeilschnell
dann hinab zum Abgrund schießet;
In stiller
Majestät nachher er fließet,
Da er den Pfad
sich siegreich aufgeräumet.
Des Helden Schritt
auch Hinderniß nicht säumet,
Er seiner Kräfte
stolzes Recht genießet,
Ihm widerstehn
sich mit dem Leben büßet;
Er kühn
verweirklicht, was er kühn geträumet.
Doch öffnet sich
dem Helden einst die Erde,
Sein Loos ist, daß
er fortgerissen werde,
Wo keiner irdschen
Größe Glanz mehr schimmert.
Der Niagara braust
durch Ewigkeiten,
Wie er gebrauset
in uralten Zeiten,
Eh’ je ein
Menschenschifflein ward gezimmert.
1767 – 1835
Jahrtausende der
Orinoko fließet,
Und froh
aufbrausend sich ins Meer ergießet;
Er rollend sah in
wechselnden Gestalten
Die Erd’ und ihrer
Wohner sich entfalten.
Des Tropfens Leben
jeden Lauf beschließet,
Er einmal nur des
Meeres Pforten grüßet,
Kann in der
Elemente wüstem Walten
Oft nur als Duft
sich in dem Luftraum halten.
Der Menschenstrom
sich auch so fort beweget,
Allein die
Einzelnen, aus deren Menge
Er doch besteht,
sich kurz in ihm nur drehen,
Und in dem tiefen
All dann untergehen.
Sie treibt des
Ganzen tosendes Gedränge,
Und kein Herz
fühlend jenem Ganzen schläget.
1767 – 1835
Das Wasser lieh
mir seine dichte Hülle,
Als ich noch
schlummernd lag im Meeresschaume;
Es war, ihr wißt
es, Götter, nicht mein Wille,
Herauf zu steigen
zu des Aethers Raume.
Wie lieblich quoll
der Welle weiche Fülle
Um meine
Schwanenbrust, und wie im Traume,
Genoß ich süß
balsamisch duftge Stille
Dort unter dem
krystallnen Flutensaume.
Hier im Olymp und
auf der Menschen Erde
Von Zwist, wie der
in Asche Ilion legte,
Durch Götterneid
bedroht ich ewig werde.
Drum Liebe zu den
Wellen fort ich hegte;
Und wo ich
Künstlerphantasie anregte,
Sieht man mich
meist in badender Geberde
1767 – 1835
Wer seiner Jugend
treu bleibt durch das Leben,
Und hoch im Herzen
achtet diese Treue,
Bewahret Einheit
in des Geistes Streben,
Und kennt den
Stachel niemals bittrer Reue.
Des Alters Brust
noch die Gefühle heben,
Die heiligten der
Jugend Blüthenweihe;
Der ersten
Sehnsucht leises Wonneleben
Dem ganzen Dasein glänzt,
wie Himmelsbläue.
Denn von den
duftgen Lebenskränzen allen
Am duftigsten der
Kranz der Jugend schwillet;
Bis hin zum Grabe
Balsam ihm entquillet.
Die anderen auf
Momente nur gefallen.
Die Hand der Zeit
ein Herz läßt unberühret,
Das fromm und treu
der Jugend Genius führet.
1767 – 1835
Dir war der Sturm
der Leidenschaften lieber,
Als
Wehmuthsschweigen tief im stillen Herzen,
Dein Wesen trieb
dich in ihr kochend Fieber,
Und sandte dir
verzehrend ihre Schmerzen.
Allein die
Leidenschaft, die trüb’ und trüber
Kann auch des
Busens reinen Himmel schwärzen,
Doch läuternd geht
ins ganze Dasein über,
Wie Glut die
Schlacke löst von edlen Erzen,
Sie war dir fremd;
bald stürmend bald beklommen,
Bist nie zum Seeleneinklang
du gekommen,
Der die
erhabensten der Frauen schmücket.
Viel konntest
denkend, fühlend du erringen,
Doch nie dich auf
zu ihrer Größe schwingen,
Nie hat dich ihre
Götterruh’ erquicket.
1767 – 1835
Wenn Traum, der
lange ausblieb, wiederkehret,
Ist er, wie
altbewährter Freund, willkommen,
Der liebreich
seinen Weg zu uns genommen,
Da lange seiner
Nähe wir entbehret.
Doch wer so unsre
nächtgen Freuden mehret,
Und wecket Funken,
der schien ausgeglommen?
Und wem kann
unsrer Sehnsucht Täuschung frommen,
Daß er geliebtem
Bild zu nahen wehret?
Giebts eine
Traumwelt in des Dunkels Reichen,
Aus der
herumzuwandern still auf Erden,
Entlassen unsrer
Freuden Schatten werden?
Dann können nicht wir
mit dem Schicksal rechten.
Ach! läg’ es in
des Herzens eignen Mächten,
Nie würde sie aus
meinen Träumen weichen.
1767 – 1835
Der Mensch muß oft
ein Joch sich auferlegen,
Und sich aus
eigner Willenskraft bezwingen;
Der
Selbstbeherrschung nur kann es gelingen,
Sich frei in
richtgen Bahnen zu bewegen.
Denn Freiheit ist
nicht regelloses Schwingen
Des Geistes; sie,
der Seele stiller Segen,
Ist nicht, auch
strenger Fesseln Zwang entgegen,
Wenn sie kann
selbst in sich den Sieg erringen.
Doch muß den Zügel
schießen lassend wieder
Er auch, des
Zwangs vergessen, sich erheben,
Dem Adler gleich,
auf schwebendem Gefieder.
Wem Kraft
Entschluß und selbstverleugnung geben,
Ziehn nicht des
Erdenstoffs Gewichte nieder,
Er kann in
Aetherhöhe sicher leben.
1767 – 1835
Hülflosigkeit dem
Geiste Spannung giebet,
Daß er des Wesens
volle Kräfte übet;
Doch oft auch
seine Kraft sie niederdrücket,
Und alle Sehnen
seines Muths umstricket.
Des Starken Kraft
bleibt heiter, ungetrübet,
Wenn vor dem
Schicksal auch sein Glück zerstiebet;
An seiner Stärke
Quell er sich erquicket,
Harrt nicht auf
das, was ihm der Himmel schicket.
Von weiser
Gottheit unsichtbaren Händen
Hat er, weß er
bedarf, in sich empfangen,
Und kann hervor
aus sich es selbst nun spinnen.
Wenn auch des
Lebens Ströme wechselnd rinnen,
Muß doch er zum
gesteckten Ziel gelangen,
An niemand
Fordrung, als an sich, zu wenden.
1767 – 1835
In Pylades sich
immer gleicher Treue
Erfuhr Orest der
ächten Freundschaft Weihe;
Sorgsam in tiefer
Brust von ihm getragen,
Fühlt’ er das
eigne Herz im Freunde schlagen.
Gequälet von des
Muttermordes Reue,
Angstvoll, ob
Heilung ihm ein Gott verleihe,
In Freundes brust
ausgießend seine Klagen,
Empfand er minder
hart der Schmerzen Nagen.
Doch herrlicher
die Freundschaft sich erhebet,
Wenn nur der Seele
ungetrübter Spiegel
Giebt der
Begeisterung des Freundes Flügel;
Wenn keiner hat
dem anderen zu danken,
Nur die Gefühle
sich so dicht umranken,
Daß jeder in sich
doppelt Leben lebet.
1767 – 1835
Nicht Sisyphus im
dunklen Reich der Schatten
Allein besteht den
Kampf mit eitlem Mühen,
Auch hier, wo Finsterniß
und Licht sich gatten,
Gewälzte Steine
tückisch oft entfliehen.
Der Starke scheuet
nicht der Kraft Ermatten,
Nicht auf der
Stirn des Arbeitsschweißes Glühen.
Vollendet viel
Herakles Arme hattet,
Und Lohn sah er
den muthgen Thaten blühen.
Doch Menschenthat
verlanget Göttersegen,
Sonst kann auch
leichten Stein sie nicht bewegen,
Und Dinge giebt
es, die kein Gott gewähret.
Was kühn zusammen,
grübelnd, wird gefüget,
Entblößt von
Wahrheit, bald zertrümmert lieget,
Und sich der Geist
im eignen Thun verzehret.
1767 – 1835
Der Tod sich und
der Schlaf, wie Brüder, gleichen,
Doch sind durch
mächtge Kluft sie auch geschieden:
Der Tod ist ewig
milder Seelenfrieden,
Der Schlaf
entfliehet bei der Sterne Bleichen.
Sobald das Licht
verdrängt die goldnen Zeichen,
Die Sorge kehrt,
die schlafend man gemieden;
des
Schicksalsrades Wirbeldrehn hienieden
Die innre Ruh, die
göttliche, muß weichen.
Im Schlafe noch
sich um den Menschen streiten
Das Leben, das ihn
schreckt mit bösen Träumen,
Und jene Ruhe, die
aus Himmelsräumen
Entzückende läßt
an ihm niedergleiten.
Im Tode hat der
Geist den Sieg errungen,
Und allen
Erdengram in Ruh verschlungen.
1767 – 1835
Voll Eigenheiten
ist das Reich der Mitte,
und ehern
eingewohnt in alte Sitte;
Des Lautes Zeichen
schreibend es verschmähet,
Und nur nach dem
Begriff, dem reinen, spähet.
Doch hemmt es
selber seines Fortgangs Schritte,
Als wenn
Verbessrung mit dem Guten stritte,
Und auch der wahrheitsforschung
zugedrehet,
Erreicht es nicht,
was aus der Tiefe wehet.
Sein Dichten sich
in Künstlichkeit verlieret,
Undvon
Despotenzwang zurückgedränget,
Der Rede strömende
Gewalt nichts rühret.
So doch das Volk
das Menschlichste entbehret,
Und seinen Geist,
verschnörkelt und beenget,
In wesenloser
Kleinlichkeit verzehret.
1767 – 1835
Von der, die
traulich nah dir stand, geschieden
Sitzest du da, mit
ernstgefärbtem Blicke,
Als wenn zurück du
nach entwichnem Glücke
Schautest, wie
Menschen müssen oft hienieden.
Du fühlst nicht
Kampflust mehr im Busen sieden,
Dich kümmern nicht
der Throne Wehgeschicke.
Daß alle
Erdgeschlechte Ruh entzücke,
Tauchst du die
Brust in tiefem, stillen Frieden.
Zu deinen Füßen Amor
schalkhaft spielet,
Allein dein Herz
nicht seine Pfeile fühlet,
Du willst nicht
lassen neue Liebe keimen.
Nur einzig
sehnsuchtsvoll in die versenket,
Die dich mit ihrem
Nektar süß getränket,
Lebst du mit ihr
vereint in goldnen Träumen.
1767 – 1835
In meines Lebens
glückbekränzten Tagen,
Nach
sonndurchglühter Stunden Sommerschwüle,
In thauumquollner,
nächtig heitrer Kühle
Bei Sternenschein,
wir oft im Fenster lagen.
Bald weckten, die
ihr Licht uns fernher tragen,
Der Leu, die
Jungfrau, unsrer Brust Gefühle,
Bald ruhten wir
auf Vegas Saitenspiele,
Arkturus Glanz,
des Nordens goldnem Wagen.
Die Treugesinnten
um den Pol sich drehen
Um niemals, uns
verlassend, fern zu stehen.
So strahlen dort
des Herzens Doppeltriebe:
Im ruhgen Pol das
stille Glück der Liebe,
Im Wandelstern die
schweifenden Verlangen,
Die an des
Wiedersehens Hofnung hangen.
1767 – 1835
Auf Marmor hab’
ich sicher euch gegründet,
Daß euch der Stand
vor jedem Unfall wahre,
Ihr Bilder, die
durch lange Lebensjahre
mir habt die Brust
mit süßer Lust entzündet.
Den Genius ihr
jener Zeit verkündet,
Die, daß sie
keinen Rum der Nachwelt spare,
Und Größres Helios
nichts, als sie, erfahre,
Mit Erdendasein
himmlisches verbindet.
Stumm saß ich oft
vor euch, und stumm verlassen
Nun werd’ ich
euch, wenn mich das Grab empfänget.
An Phöbus Stralen
eure Schönheit hänget,
Der Mensch in
Grabesnacht kann sie nicht fassen:
Die irdschen Sinne
sind von ihm gewichen,
Den himmlischen
ist euer Reiz verblichen
1767 – 1835
Ich liebe kein
olympisches Gebilde
So sehr als,
ruhger Kriegsgott, deine Züge.
Du trägst die spur
der großerkämpften siege
Nur in erhabner
Stille Göttermilde.
Du gern
durchwandelst Paphos Lustgefilde
Doch sind sie dir
nicht eitler Träume Wiege,
Und gegen Amors
flatterhafte Lüge
Dient dir der
Ernst der Stirn zum sichern Schilde.
Als Griechengeist
sich in geweihter Stunde
Auf tief
erforschter Wahrheit festem Grunde
Mit kühnem Fluge
hatt’ emporgeschwungen,
Wo Größe steht mit
Reiz in treuem Bunde
Und Menschlichkeit
von Gottheit wird durchdrungen,
War edlem Meißel
dieses Bild gelungen.
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835
1767 – 1835